Was hat die menschliche und kindliche Entwicklung mit der Berührung zu tun? Der englische Anthropologe Ashley Montagu hat sich mit diesem Thema besonders befasst. Den Begriff „die Seele der Haut“ prägend, untersucht er den Zusammenhang von mangelndem Körperkontakt in der frühesten Kindheit und der Entwicklungsfähigkeit und dem Verhalten von Erwachsenen.
Das Erlebnis der Berührung ist wesentlich
Eines seiner Untersuchungsergebnisse sagt aus, dass „das Erlebnis der Berührung (…) für Wachstum und Entwicklung aller bisher untersuchten Säugetiere und vermutlich auch bei anderen Tieren sehr wesentlich (sei).“
Der Vergleich mit Tieren ist kann ebenso auf das Empfinden des Kleinkindes angewendet werden. Montagu geht davon aus, dass das „Berührungsbedürfnis ein Lebensbedürfnis ist, denn es muss befriedigt werden, wenn der Organismus weiterleben soll. Hört die Hautstimulation vollkommen auf, dann stirbt der Organismus. Ein Organismus ohne Haut kann nicht leben.“
Die Haut ist das primäre Sinnesorgan des Kindes
Die Haut ist das primäre Sinnesorgan des Kindes und seine liebevolle Berührung ist ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung sowohl der Nervenzellen, des Gehirns und des Nervensystems. Insbesondere in den ersten 6 Monaten kommt es hier auf den Umgang der Mutter mit ihrem Kind an bzw den stimulierenden Hautkontakt, mit dem die Mutter auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht. Warum das so ist? Die Körpersprache wird universell verstanden und braucht keine großen Erklärungen.
Liebe wird über Körperkontakt erfahren
Einem Baby von 4 Monaten würde man ja auch nicht nur sagen, dass man es liebt, sondern diese Liebe auf eine Weise ausdrücken, die das Kind versteht: indem man es berührt, anlächelt, festhält, umarmt, stillt, umsorgt und streichelt. Alle diese „Vorgänge“ zeigen die Liebe auf körperliche Art und Weise. So kann sich das Kind geborgen und sicher fühlen, weil es Liebe und Zuwendung erfährt
So erklärt es sich auch umso mehr, wie wichtig es ist, das Baby gleich nach der Geburt so schnell wie möglich auf die Brust der Mutter zu legen, damit das Baby schnell Hautkontakt spüren kann und sich nicht „verloren“ in der plötzlichen Weite der Welt fühlt. Denn im Uterus, hat das Kind eine ganz enge Verbindung zur Mutter, bildet mit ihr sogar eine Symbiose. Erst mit der Zeit der Entwicklung löst sich das Kind dann immer mehr von der Mutter und will – spätestens in der Pubertät – auch nicht mehr diese körperliche Nähe. Es braucht es einfach nicht mehr weil es sich nun entwickelt hat. Natürlich brauchen auch Erwachsene und große Kinder noch ihre Zärtlichkeiten und den Haut- und Berührungskontakt… aber dieser wird sich dann nach und nach von anderen Menschen – den ersten Liebesbeziehungen zum Beispiel geholt.
Fazit: Berührung spielt in jedem Alter eine sehr wichtige Rolle für das Wohlbefinden – aber in den allerersten Wochen und Monaten des Babys sind sie ganz besonders essentiell für die gesunde Weiterentwicklung!
Quelle: Ashley Montagu: Körperkontakt. Die Bedeutung der Haut für die Entwicklung des Menschen. Klett-Cotta Verlag.