Was kann man eigentlich machen, wenn man wiederkehrend Konflikte mit seinem Kind oder innerhalb der Familie hat und sich selbst nicht mehr zu helfen weiß? Ab wann und vor allem wie kann man sich Unterstützung holen? Eine erfolgreiche Möglichkeit ist das "GORDON-Familientraining". Was ist das genau und ist es für dich geeignet? Wir haben mit der autorisierten "GORDON-Familientrainerin" Silvia Fritzsch aus München gesprochen.
Liebe Frau Fritzsch, was genau ist die GORDON-Methode und für wen ist sie geeignet?
Das Gordon-Familientraining ist das Kursprogramm zum Weltbestseller Familienkonferenz von Thomas Gordon. Es ist ein präventives, verhaltenspsychologisch orientiertes Programm mit dem Ziel, Eltern Einsichten und Fertigkeiten zu vermitteln, die nötig sind, verantwortlich Kinder zu erziehen und befriedigendere bzw. psychisch gesunde Familienbeziehungen herzustellen. Das Gordon-Familientraining eignet sich für Eltern, Tagesmütter/Erzieher, Großeltern.
Ist das Familientraining auch schon für Mamas mit kleinen Babys geeignet?
Um die Methode kennenzulernen, ist es nie zu früh, weil die Mamas ihren Blick für die Bedürfnisse ihres Kindes schon frühzeitig schärfen können. Für eine praktische Anwendung, insbesondere der Konfliktlösungsmethode, sollte das Kind bereits sprechen können (ideal: ab 2 Jahre).
Was genau wird beim Training gemacht?
Neben der Vermittlung von theoretischen Grundbegriffen stehen praktische Übungen in Form von Rollenspielen und Selbsterfahrung im Vordergrund, die die sofortige Anwendung im Familienalltag ermöglichen sollen.
Wo genau ist der Unterschied zu anderen Methoden?
Thomas Gordon gesteht Kindern ein grundsätzliches Recht auf Erfüllung ihrer Bedürfnisse zu, verliert dabei aber die Bedürfnisse der Eltern nicht aus dem Blick. Er setzt methodisch auf Konfliktlösung ohne Machtanwendung (Gewinner-Verlierer).
Sie bieten auch Workshops an, wo insbesondere die neue Familie, also Paare, die gerade Eltern geworden sind, im Fokus stehen. Sie nennen dabei das sogenannte "Regensburger Familienentwicklungsprogramm"- was ist das genau?
Das Regensburger Familienentwicklungsmodell unterstützt frisch gebackene Eltern dabei, neben dem Elternsein auch Paar zu bleiben und eine stimmige Balance zwischen den Lebensfeldern Beruf, Familie und persönlichen Interessen zu finden.
Woran erkennen Eltern, wann man sich Unterstützung suchen sollte?
Wenn Eltern feststellen, dass sich der gesamte Alltag und alle Gespräche nur noch um das Baby und die damit verbundenen organisatorischen Themen drehen und keine Gemeinsamkeiten als Paar mehr gelebt werden (nebeneinander statt miteinander leben), ist es höchste Zeit, wieder etwas für die Paarbeziehung zu tun. Da empfehle ich das Regensburger Familienentwicklungsmodell, weil es Gespräche auf der Metaebene über persönliche Wünsche und Bedürfnisse unter Anleitung ermöglicht, die in dieser Form allein zuhause wahrscheinlich nicht stattfinden würden. Das Modell visualisiert alle Lebensbereiche und bietet Raum für einen vorwurfsfreien Austausch. Wenn sich Konflikte in der Beziehung zum Kind häufen und Streitigkeiten das Familienleben beeinträchtigen, kann ein Gordon-Familientraining wirksame Unterstützung bieten.
Ist die Methode auch für Paare geeignet zur Paartherapie?
Das Regensburger Familientwicklungsmodell gibt einen ersten Ansatz, miteinander (wieder) ins Gespräch zu kommen. Für eine Paartherapie müssten weitere Methoden kombiniert werden, um den individuellen Bedürfnissen des jeweiligen Paares gerecht werden zu können.
Gibt es Kritikpunkte, oder was würde Sie selbst noch verbessern an der Methode?
Bei der Gordon-Methode würde ich mir wünschen, dass die Grenzen für die Zielgruppen klarer aufgezeigt werden (z.B. ist das Programm nicht für psychisch kranke Kinder geeignet) bzw. für diese Zielgruppen Spezialmethoden entwickelt werden.
Werden die Konzepte individuell auf die Probleme der Familie zugeschnitten ?
Die Methoden/Trainingsinhalte sind klar definiert und werden in jedem Workshop identisch behandelt, jedoch mit unterschiedlichen Gewichtungen je nach Teilnehmerkreis (Alter der Kinder/Geschwister vs. Einzelkinder). Im Einzelcoaching gehe ich individuell auf die Bedürfnisse der Familien ein und gehe inhaltlich mehr in die Tiefe, um das spezifische Thema der Eltern zu bearbeiten.
Haben Sie selbst auch die GORDON-Methode bei Ihren Kindern angewendet? Und hat es geholfen?
Ich selbst wende die Gordon-Methode seit über sechs Jahren an, die Trainerausbildung habe ich absolviert, als mein Sohn fünf Jahre alt war. Es hat geholfen, eine innige Beziehung zu meinem Sohn aufzubauen, was sich unter anderem daran zeigt, dass er sehr offen ist und ich über die meisten Dinge Bescheid weiß, die ihn beschäftigen (im Gegensatz zu zahlreichen Eltern seiner Klassenkameraden). Dennoch bin auch ich nicht "100% Gordon", weil auch mir im Alltag manchmal der Geduldsfaden reißt, das mag menschlich sein, aber eben nicht "gordon-like" 🙂
Mehr Infos zu der GORDON Methode gibt es hier.
Vielen Dank für das interessante Interview, Frau Fritzsch!