Ein Interview mit Nicole Staudinger ist besser wie eine erfrischende Dusche – und nicht mal eine kalte. Ziel der Schlagfertigkeitsqueen ist es Frauen dazu zu ermutigen, zu sich selbst zu stehen. Dazu bietet sie – unter anderem – regelmäßig offene Schlagfertigkeitsseminare nur für Frauen an, Titel: „Steh deine Frau!“
Warum brauchen Frauen Schlagfertigkeitsseminare?
Frauen sind häufig zu bescheiden, zu nett. Wir Frauen machen uns einfach immer noch viel zu viele Sorgen darüber, gemocht zu werden.
Und in deinen Seminaren erziehst du Frauen dazu, frecher zu sein?
Ich möchte Frauen eigentlich überhaupt nicht erziehen, schon gar nicht dazu, verbrannte Erde zu hinterlassen. Aber Frauen sollten sehen, was sie alles können, anstatt mit ihrem Hintern zu hadern. Wenn ich ein gewisses Selbstbild haben, ziehe ich um mich herum Grenzen. Es ist wichtig für jede Frau, für sich selber einzustehen, das ganz unbedingt, und wenn möglich mit Humor.
Kann man denn Humor lernen?
Ich wurde ja damit geboren (lacht). Humor lernen, das geht fürchte ich nicht, aber man kann lernen, über sich selbst zu lachen, lernen, dass andere Dinge wichtiger sind, als man selbst. Man kann lernen, seinen Perfektionismus abzulegen.
Das musst du nun aber erklären, wie das zusammen passt: Den Perfektionismus ablegen und Erfolg damit haben.
Gerade als meine Schlagfertigkeitsseminare so richtig durchstarteten, wurde ich mit Brustkrebs diagnostiziert. Es folgten 5 Monate Chemotherapie, meine Eierstöcke wurden rausgenommen, beide Brüste wurden entfernt. Du kannst das alles, so eine Krankheit, nicht durchstehen, wenn du nicht deinen Perfektionismus ablegst. Gleichzeitig hatte ich das Bedürfnis, das alles niederschreiben zu müssen, so wie andere das Bedürfnis haben, zu essen oder zu atmen. Es hing alles ironischerweise zusammen. Ohne die Krankheit hätte ich das Buch nicht geschrieben. Ganz ehrlich: Ich hätte mich nicht getraut. Ich war ja ursprünglich Verkaufsrau, Trainerin, Mama, keine Autorin. Heute sage ich: Trau dich.
Viele Frauen stehen irgendwann vor der Frage: Kind oder Karriere. Als Mutter hast du ja selbst vor dieser Entscheidung gestanden.
Ja, ich war 10 Jahre lang Verlagskauffrau. Irgendwann wurde mir dieser Vollzeitjob mit zwei Kindern einfach zu viel. Also habe ich gekündigt und über die IHK eine Ausbildung zur Trainerin gemacht. Die Ausbildung war ziemlich weit gefasst und nicht fachspezifisch. Es ging einfach darum, wie man didaktische Lerninhalte definiert.
Und wie entstand dann die Idee zu den Schlagfertigkeitsseminaren?
Tja, einer der Trainer meinte, dass ich ihm ganz schön auf den Sack gehe, weil ich immer das letzte Wort haben muss. Und als meine Kollegin dazu nur meinte: „Die ist halt Schlagfertig.“, da dachte ich – „Stimmt.“ – und fing an das Thema „Schlagfertigkeit“ in Seminarform zu verpacken.
Was lernen Frauen in deinen Seminaren?
Also, ich kann mit Sicherheit versprechen, dass Frauen nach meinem Seminar nicht mehr sprachlos sind. Schon nach 5 Minuten ist die Hemmschwelle gebrochen, viele Frauen ziehen sich die High-Heels aus. Schlagfertigkeit hat eigentlich weniger mit Rhetorik zu tun, als vielmehr mit der eigenen Lebenseinstellung, für sich selber einzustehen, auch und vor allem mit Humor.
Gibst du dieses Konzept auch an deine Kinder weiter?
Ach, die sind damit geboren. Ein Beispiel. Als ich den Kleinen (5 Jahre) neulich in den Einkaufswagen hob und ihm sagte, dass der Wagen mit ihm drin ja ganz schön schwer zu schieben ist, meinte er nur: „Gut, dass du nicht drin sitzt.“ Die haben das einfach, die haben ein ganz starkes Selbstverständnis und nehmen sich selber wichtig. Und das ist ja auch das Recht der Kinder, weil sie wichtig sind.
Ist nicht jeder Mensch wichtig?
In meinem kleinen Kreis, ja, da bin ich für die Menschen um mich herum wichtig. Aber es ist völlig irrelevant, ob ich jetzt auf die Bühne gehe und Seminare gebe oder wie oft sich mein Buch verkauft oder ob es ein neues Magazin für Mütter gibt. Das System bricht zusammen, wenn die Müllmänner nicht mehr arbeiten oder die Verkäuferinnen im Supermarkt. Aber diese Menschen bekommen einfach keinen Applaus.
Da müsste sich also in der Gesellschaft einiges ändern?
Jeder einzelne muss sich ändern! Die Menschen müssen sich selber ändern, ich selber muss mich ändern, du musst dich ändern. Wenn ich immer darauf warte, dass sich etwas anderes ändert, dann ändert sich nie etwas! Auf was wir da alles warten müssten! Wo wäre ich, wenn ich darauf gewartet hätte, dass sich etwas ändert?
Und was sagen dazu deine Seminarteilnehmerinnen?
Tatsächlich bekomme ich ganz tolles Feedback: Eine Frau, die sich immer vor den Gehaltsverhandlungen mit ihrem Chef gedrückt hat, hat einfach so eine monatliche Gehalterhöhung von 450 Euro brutto für sich rausgehandelt, nachdem sie mein Buch gelesen hat. Eine noch ganz junge Leserin, sie ist 20, meinte, dass mein Buch ihr die Augen geöffnet habe und sie eben auch mal rechts gehen dürfe, wenn alle anderen links gehen. Das freut mich natürlich. Genauso wie das Pärchen, dass ich bei einem Konzert ein paar Tage nach meinem Seminar treffe. Die Frau hat sich überschwänglich gefreut, der Mann war aber sehr missmutig, denn der hatte zu Hause nicht mehr so viel zu lachen.
Arme Männer?
Ach wo, ich finde Männer super. Ich habe ja selbst drei Dreibeiner zu Hause. Hauptsächlich gebe ich meine Trainings ja in Firmen und da sind auch viele Männer mit dabei, von denen wir Frauen einiges lernen und können.
Hast du selbst noch einen guten Tipp für unsere Leserinnen?
Ja, natürlich: Sie sollen einfach mein Buch kaufen!
Tipp: Mehr über Nicole Staudinger, ihre beiden Bücher sowie aktuelle Seminar-Termine findet ihr auf ihrer Website.